Die Lebensphase zwischen 11 und 17 Jahren, die die Schüler während der Sekundarstufe durchleben, ist insbesondere geprägt durch das Einsetzen der Pubertät. Die Schüler haben sich auseinanderzusetzen mit vielfältigen Veränderungen und „Entwicklungsaufgaben“ des Jugendalters. Zentral hierbei sind der Einstieg in die jeweilige Geschlechterrolle, die Identitätsfindung und -entwicklung sowie die Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Werten und Normen. Gegen Ende der Sekundarstufe erhält die Entwicklung von Zukunftsperspektiven und -zielen besonderes Gewicht.


Der Unterricht im Klassenverband ist der „Normalfall“. Für Schüler in besonders krisenhaften Lebenslagen sowie für Schüler mit besonders schweren Verhaltensstörungen sind individuelle Lösungen wie z.B. vorübergehende Kurzzeitbeschulung, Hausunterricht o.Ä. möglich. Weiterhin besteht – je nach individuellem Förderbedarf – die Möglichkeit der Beschulung in einem unserer Schulmüden- bzw. Schulverweigererprojekte.
Im Laufe der Sekundarstufe verschieben sich die pädagogischen und didaktischen Schwerpunkte von Erziehung und Unterricht. Zur Verdeutlichung dieser Schwerpunkte unterteilen wir die Sekundarstufe idealtypisch in drei Phasen, wobei die Übergänge zwischen den Phasen fließend sind und jeder Schüler die Phasen in seinem eigenen „Tempo“ durchläuft.

Der erste Abschnitt im Bereich der Sekundarstufe kann als Phase von Übergang und Neuorientierung bezeichnet werden. Er ist den Klassenstufen 5 und 6 (Schulbesuchsjahre 5 – 7) zuzuordnen. Gekennzeichnet ist diese Phase durch einen möglichen Klassenlehrerwechsel und/oder eine Zusammenstellung neuer Lerngruppen durch das Auflösen von Klassenverbänden sowie durch Rückschulung einzelner Schüler nach Beendigung der Primarstufe.


Ein Klassenlehrerwechsel erfordert erneuten Beziehungsaufbau sowie die Auseinandersetzung mit Autoritäten, wobei Transparenz über Inhalte und Ziele im sozialen und emotionalen Lernen den angenommenen und ernst genommenen Schüler hin zu Selbstverantwortung und Selbstständigkeit führen soll.
Prägend wirkt zudem die Erweiterung des Fächerkanons gemäß den Richtlinien der Hauptschule. Feststellung und Ausgleich bestehender (z.T. gravierender) Leistungsdefizite erfordern ein stark individualisiertes Lehren und Lernen. Ansatzpunkt dabei sind v.a. die Stärken der Schüler, deren Förderung zur Entwicklung einer positiven Schüleridentität beitragen soll.
Diese Phase beinhaltet im Schwerpunkt eine Förderung von Prozessen der Gruppenfindung sowie einer Orientierung des Einzelnen in der Gruppe gerade im Hinblick auf die Veränderungen, die eine beginnende Pubertät mit sich bringt. Die Elemente spielerischen Lernens, in der Primarstufe ein wichtiger didaktischer Ansatzpunkt, werden nach und nach reduziert.

Der zweite Abschnitt kann als Phase der Identitätsfindung und Weichenstellung bezeichnet werden. Er ist in etwa den Klassenstufen 7 und 8 (Schulbesuchsjahre 7 – 9) zuzuordnen.
Das Verhalten der Jugendlichen in dieser Phase ist Ausdruck ihrer Versuche, mit den Entwicklungsaufgaben der Pubertät fertig zu werden. Ihre Identität und ihr Selbstwertgefühl sind fragil, weil die Auseinandersetzung mit den neuen Problemen und Erwartungen im Vordergrund steht und am Selbstverständnis und Selbstwertgefühl „nagt“.


Pubertierende Jugendliche „experimentieren“ mit sich selbst, damit sie herausfinden, wer sie sind. Auch experimentieren sie mit ihrer Umwelt, indem sie Normen und Regeln in Frage stellen, Grenzen erweitern und überschreiten wollen, sich an Erwachsenen reiben und sich in ihren Peer-Groups profilieren wollen.
Die Pubertät ist daher für die Schüler und auch für ihre Lehrer eine schwierige Phase. Autoritätskonflikte sind häufig, Schulfrust und Schulmüdigkeit gilt es in dieser Lebensphase in besonderem Maße zu bewältigen.


In dieser Phase der Sekundarstufe wird es auch besonders bedeutsam für die schulische Entwicklung sein, wer ungünstigen Lebensbedingungen und negativen Schulerfahrungen „zum Trotz“ weiter lernen kann und will (Resilienz).
Positive Atmosphäre und Angebote der Schule, stabile Beziehungen zu den dort arbeitenden Erwachsenen – insbesondere dem Klassenlehrer – haben in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung.
Folgende Themen sind in Unterricht und Erziehung in dieser Phase von besonderer Bedeutung:

 

  • Auseinandersetzung mit den Geschlechterrollen/Sexualkunde
  • Gesundheitserziehung (Suchtprävention, Hygieneerziehung, Ernährungslehre)
  • Einführung in berufsvorbereitende Unterrichtsinhalte (erste Betriebspraktika)
  • Einführung in den Umgang mit Institutionen

 

Den letzten Abschnitt bildet die Phase der Vorbereitung auf das Leben nach der Schulzeit in den Klassenstufen 9 und 10 (Schulbesuchsjahre 9 – 11; eine freiwillige Verlängerung der Schulzeit ist ggf. möglich). Schwerpunkt der letzten Schulbesuchsjahre ist die Vorbereitung der Schüler auf ihre berufliche Eingliederung und auf ihr Erwachsensein in unserer Gesellschaft. Dieser Übergang erfordert bei Schülern mit Förderbedarf in der emotionalen und sozialen Entwicklung besondere Hilfen.
Damit eine berufliche und gesellschaftliche Eingliederung gelingen kann, steht die Er-arbeitung der dafür notwendigen Grundlagen in allen Unterrichtsbereichen im Vorder-grund (siehe Schlüsselqualifikationen in 5.4).

Die Klassenlehrer sind für die Schüler meist vertraute und wichtige Bezugspersonen geworden. Ihre Aufgabe in dieser schulischen Phase ist es, den Schülern auf ihrem Weg ins Berufsleben und ins Erwachsensein die notwendige Unterstützung zu geben, sich aber auch zugunsten zunehmend selbstständigen Handelns zurückzunehmen, um ihnen die Abnabelung zu ermöglichen.


Da Schüler unserer Schule zu den Benachteiligten bezüglich gesellschaftlicher Teilhabe zu zählen sind, liegt in dieser Phase ein Schwerpunkt in der Erarbeitung einer individuellen Perspektive, um ihnen Chancen für ein befriedigendes Leben nach Ende der Schulzeit zu ermöglichen.


Dabei spielen Betriebsbesichtigungen und mehrere Praktika eine wichtige Rolle, um die Schüler ihre eigenen Fähigkeiten und Neigungen entdecken zu lassen und um konkrete Vorstellungen von den Anforderungsprofilen verschiedener Berufe zu entwickeln.
Die Lehrer moderieren dabei die Verzahnung von Unterricht, Berufsberatung, Berufsschule und Betrieben und sind letztlich Begleiter beim Übergang von der Schule in die Arbeitswelt.